Als ich um 7 Uhr ins Stationszimmer kam, freute ich mich darüber, dass wir nach der Ferienzeit mit einer gefühlten “Star-Besetzung” von drei Diplomierten und der FaGe-Lernenden in den Tag starten konnten. Ab 9 Uhr würde ausserdem unsere Stationsleiterin dazukommen.
Wir lachten gerade noch zusammen mit der Nachtwache — die uns schon Kaffee bereitstellte — als sie sowas sagte wie “super seid ihr so viele, wenn heute vier Eintritte und zwei Austritte stattfinden”. Ich dachte erst, sie erlaubt sich einen weiteren Scherz mit uns, aber das war nicht so.
Für Akutstationen wäre dies möglicherweise keine erschreckende Anzahl an Mutationen (Veränderungen in der Bettenbelegung), doch für unsere kleine Therapiestation ist das sehr unüblich.
«..."super seid ihr so viele, wenn heute vier Eintritte und zwei Austritte stattfinden". Ich dachte erst, sie erlaubt sich einen weiteren Scherz mit uns, aber das war nicht so.» |
Schliesslich teilten wir nach dem Übergaberapport alle anfallenden Aufgaben untereinander auf und das sind jede Menge: Medikamente kontrollieren und abgeben, Vitalzeichen messen, eine kapillare sowie eine venöse Blutentnahme, Frühstück bereitstellen, Morgentreff leiten, Temperaturen der Kühlschränke kontrollieren, Begleitungen zum EKG, zur Kasse und Apotheke gehen, die Achtsamkeitsgruppe zu zweit leiten, den Interdisziplinären Rapport führen, Essbegleitung, DBT-Skillsgruppe leiten, Wochenende vorbereiten, Leistungserfassung überprüfen und dann noch diese Ein- und Austritte. Nebenher muss alles dokumentiert und es müssen Anrufe entgegengenommen werden. Wir führen geplante Einzelgespräche oder fangen bei Bedarf Krisen ab, wir geben Reservemedikation heraus, beantworten diverse Anliegen, nehmen Bestellungen entgegen und so weiter. Ganz schön viel! …ach ja, und wenn ein Personalnotruf ertönt, dann rennen wir los, um auf den anderen Stationen zu helfen.
Eintritte brauchen Zeit. Schliesslich erheben wir gemeinsam mit einer/einem ärztlichen oder psychologischen Kolleg:in ein komplettes Assessment über alle sogenannten “Aktivitäten des täglichen Lebens”. Innerhalb dessen schätzen wir auch Gefährdungsaspekte ein und füllen dafür Scores aus. Dies setzt bereits ein gewisses Mass an Beziehungsarbeit und Vertrauen in kürzester Zeit voraus. Dazu kommt, dass wir diverse Unterlagen bereitstellen und erläutern sowie der neuen Patientin die Station zeigen, Mahlzeiten und wenn nötig Medikamente organisieren.
Lange Rede, kurzer Sinn: der heutige Tag war Stress pur! Und dann? Was hilft mir da noch? Was hält mich bei Laune?
«Eintritte brauchen Zeit. Schliesslich erheben wir gemeinsam mit einer/einem ärztlichen oder psychologischen Kolleg:in ein komplettes Assessment über alle sogenannten “Aktivitäten des täglichen Lebens”.»
Das Team! Oder, um es in den Worten unserer Achtsamkeitstrainerin im Pflegeteam zu sagen: “Regenbogen Sonnenschein”. Denn genau das Gefühl löst sie bei mir aus, wenn sie diese zwei Worte mitten im Stress so vor sich hin oder direkt zu uns sagt. Regenbogen Sonnenschein! Mir bleibt dann nichts anderes als zu schmunzeln. Und wenn es nicht das ist, dann die Frage in die Runde: «wer will noch einen Kaffee oder was zum Naschen?» Oder ein platter unerwarteter Witz und das ansteckende Lachen von meinen jüngsten Teamkolleginnen. Oder das innehalten, sich gemeinsam hinsetzen, ernste Gespräche führen, Gefühle teilen, einander Halt geben, mal eine Umarmung, ein Kompliment, ein Lob, das beharren darauf, dass wir die Pausenzeiten einhalten, dass wir pünktlich nach Hause gehen und so vieles mehr…
«Regenbogen Sonnenschein! Mir bleibt dann nichts anderes als zu schmunzeln.» |
So anstrengend dieser Arbeitstag auch war – und ich bin sicher, es wird wieder solche Dienste geben - kann ich doch gleichzeitig darauf vertrauen, dass meine Teamkolleg:innen mir den Rücken stärken werden!
Danke! Ihr seid die Besten!
