Was die Patientinnen damit meinen, ist die klare Struktur und Haltung, welche wir auf der Station innerhalb der Dialektisch Behavioralen Therapie (DBT) vertreten. Die professionelle Begleitung von Menschen mit einer Traumafolgestörung fordert vor allem viel „Commitment-Arbeit“ und bei den Pflegenden selbst eine klare Kenntnis über die eigenen Grenzen und die Selbstwirksamkeit.
In der Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau HF war im Theorieunterricht die Rede von Compliance, Adhärenz und Konkordanz. Mit diesen Begriffen will beschrieben werden, wie aktiv oder bereit sich die zu pflegenden Personen innerhalb der Behandlung zeigen. In der DBT spricht man mehr von Commitment; also ob sich die Patientinnen und Patienten bekennen, bzw. verpflichtet zeigen, in Bezug auf ihre eigene Verantwortung währen des Therapieprozesses. Die DBT zeigt nämlich dann Wirkung, wenn die teilnehmende Person auch ihre Commitment-Bereitschaft zeigt. Traumatisierte Menschen leiden stark unter diversen Symptomen, welche teilweise durch die Behandlung erst mal verstärkt werden, bevor sie abnehmen. Dies verleitet logischerweise dazu, Dinge zu meiden, die zu mehr Konfrontation und somit Schmerz führen. Da bin ich als Pflegefachfrau dann am Zug und werde, wie einige Patientinnen sagen, fies. Ich fordere dann mein Gegenüber heraus, indem ich ihnen ihr Verhalten spiegle oder sie radikal konfrontiere. Dabei erlaube ich mir beispielsweise die Aussage; „Wir zwingen Sie hier nicht zu der Behandlung. Sie haben die Wahlmöglichkeit dies hier abzubrechen und weiterhin mit den Symptomen zu leben.“ Solch eine Konfrontation wird auch paradoxe Intervention oder in der DBT „Advocatus Diaboli“ genannt. Damit löse ich bei meinem Gegenüber aus, dass wieder klar wird, weshalb die Therapie in Anspruch genommen wurde und dass es daher notwendig ist, durch unangenehme Gefühle zu gehen um Genesung zu erfahren.
Wenn ich als Pflegende solche Strategien in den Gesprächen anwende muss ich mir bewusst sein, was ich im Gegenüber damit auslöse und daher sicher sein, dass ich mit den aufkommenden Emotionen umgehen kann (meine Selbstwirksamkeit und die eigenen Grenzen kennen). Zum einen ist hierbei eine vertrauensvolle professionelle Beziehung notwendig, Selbstsicherheit, Fachwissen aber auch ein Stückchen Mut. Transparent, direkt und echt zu sein erleichtert mir aber auch die Arbeit in der Psychiatrie. Denn die Patientinnen und Patienten schätzen es ungemein, wenn wir uns authentisch und spürbar zeigen. So kann ich klar für meine persönlichen oder ebenso fachlichen Grenzen einstehen, darf kommunizieren, wann mir etwas zu weit geht oder ich nicht weiter weiss. Gleichzeitig hole ich mir Unterstützung oder verweise mein Gegenüber an jemand anderen aus dem interdisziplinären Team.
So erklärt sich nun, weshalb eine meiner Bezugspatientinnen meinte, ich sei zwar manchmal fies, aber dabei konstruktiv; also bewusst zielgerichtet.
Bemerkungen