Zu einer Zeit, als Kranke in der Regel daheim gepflegt wurden, das Spital eher ein Ort für Menschen mit wenig Hoffnung war und Kriegsverletzte ihre letzten Worte zu oft via Gedankenpost an ihre Liebsten sandten, leuchteten Florence und ihre Laterne.
Die Macht der Zahlen
Aus gut situiertem Hause und vom Vater unterrichtet, wusste Florence Nightingale früh, wie man Zahlen und Statistiken für sich nutzt. Während des Krimkriegs pflegte sie im britischen Militärspital in Scutari, prangerte die miserablen Hygieneverhältnisse an, legte Hand an, schrieb Briefe mit letzten Worten von Verwundeten und es gelang ihr, mit ihren herbeigeführten Veränderungen in den Krankenlagern, die Mortalitätsrate zu senken. Sie wusste, dass akkurate Statistik ein möglicher Schlüssel war, um zu verstehen, wie und warum Dinge passierten. Es macht mich gerade ganz schön stolz, dass auch ich mich während dem Studium mit Zahlen herumschlug und versuchte, sie zu verstehen. Die Zahlen sprachen für Florence und ihr Wirken und verschafften ihr Gehör. Prozesse wurden verändert und Hygienemassnahmen ergriffen.
«Sie wusste, dass akkurate Statistik ein möglicher Schlüssel war, um zu verstehen, wie und warum Dinge passieren.» |
Eine neue Schule
Florence mochte die zunehmende Aufmerksamkeit um ihre Person zwar nicht besonders, nutzte das öffentliche Interesse jedoch, um in London – losgelöst von religiösen Vorgaben – eine Schule für Pflegefachpersonen zu gründen. Die mitzubringenden Tugenden waren Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Pünktlichkeit. Eine zukünftige Pflegefachperson hat nüchtern, ordentlich und rein zu sein. Mit Strenge, Disziplin und einem Auge fürs Detail wurden Vorlesungen und Untersuchungen abgehalten, um Pflegefachpersonen für die Praxis zu rüsten. Bald zogen die Absolventinnen weiter in die Welt und verbreiteten das Gelernte. Die Pflege wurde populär und galt als respektablen Beruf für Frauen.
Das berühmte Buch
Um die Bedeutung und Grundprinzipien der Pflege wirklich allen, auch den Menschen zu Hause, verständlich und zugänglich zu machen, schrieb Florence 1859 ein Buch. Begeistert und auch mit etwas Durchhaltewillen habe ich darin gelesen und war amüsiert, überrascht und hingerissen. Vor mehr als 160 Jahren galten frische Luft, Sauberkeit, natürliches Licht, Wärme und gute Ernährung als heilende Eigenschaften. Das war, bevor wir wussten, dass es Bakterien und Viren gab! Unzählige Male schreibt sie; «lüftet das Patientenzimmer und haltet das Bett sauber und trocken». Ich frage mich, ob sie so unbewusst die Keim-Zahl soweit reduzierte, dass es einem Patienten und seinem Immunsystem gelingen konnte, aus eigener Kraft gesund zu werden.
«Vor mehr als 160 Jahren galten frische Luft, Sauberkeit, natürliches Licht, Wärme und gute Ernährung als heilende Eigenschaften. Das war bevor wir wussten, dass es Bakterien und Viren gab!» |
Die Essenz der Pflege
Essentiell war für Florence der holistische Ansatz der Pflege. Eine Pflegefachperson soll sensibel sein für das mentale und physische Wohlbefinden und den individuellen Bedürfnissen ihrer Patient:innen. Beobachten ist das A und O des Pflege-Alltags. Pflegende sollen nicht nur handeln, sondern denken, deuten und Veränderungen frühzeitig erkennen. Es gilt, einfühlsam und klar zu kommunizieren und den Patient:innen zuzuhören. Pflege bedeutet, auch emotionale Unterstützung zu bieten.
Das zu lesen, empfinde ich als echt cool! Schon so viele Jahre wissen wir, was unsere Patient:innen brauchen, um zu heilen. Wie wir sie dabei begleiten können. Obwohl alt, ist das Wissen noch immer gültig und darf im Alltag gelebt werden. Zelebrieren wir also diese engagierte Frau, die für unseren Beruf so viel Sichtbarkeit geschaffen hat. Ich bin stolz, Pflegefachfrau zu sein!
Bemerkungen