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Quereinstieg – Mein Weg in die Pflege

  • Esther Peyer

«Was, du möchtest in die Pflege wechseln? Wirst du mit all den Gerüchen keine Probleme haben? Also, ich könnte das nicht!». Fragen, die mir vor meinem Quereinstieg in die Pflege immer wieder gestellt wurden. Nicht ganz zu Unrecht, denn auch ich stellte mir teilweise ähnliche Fragen.

Ich, eine angestellte Coiffeuse, mit Angst vor Nadeln, vor erbrechenden Menschen und nicht gerade das «Stehaufweibchen», wenn es um schulische Leistungen in der Vergangenheit ging, stand vor dem Wechsel in einen Beruf, der mich sowohl faszinierte als auch auf vielen verschiedenen Ebenen herausfordern würde. Meine bisherigen Erfahrungen mit älteren Menschen haben in mir über zehn Jahre hinweg den Wunsch nach einer sozialen Tätigkeit in der Pflege zunehmend verstärkt. Ich begegnete in diesen Jahren nicht nur Alois Alzheimer, sondern erlebte auch Freud und Leid der älteren Generation, die Geburt von Enkelkindern, die Beerdigung von Ehepartnern, das Leben und den Tod.

Der Wechsel in die Pflege bedeutete für mich, so manch unbekanntes Terrain zu betreten. Ähnlich wie eine Entdeckerin zu Beginn ihres Abenteuers fragte ich mich, was mich am Ende meiner Reise erwarten würde – würde ich einen Weg finden, um mit meinen Ängsten umgehen zu können? Ich startete meine ersten Gehversuche auf dem Pfad der Pflege mit einer Ausbildung zur Pflegehelferin SRK. Ich lernte dabei viel Theoretisches über menschliche Bedürfnisse, Krankheitsbilder und pflegerische Tätigkeiten, welche ich, während des praktischen Teils, sogleich umsetzen konnte.

So kam es, dass ich mich eines Tages in meinem Praktikum in einem Badezimmer einer Bewohnerin wiederfand. Stehend, mit einer Nierenschale in der rechten Hand, die linke um die Schultern dieser älteren Frau gelegt. An diesem Tag lernte ich den Norovirus kennen. Er war für mich Lehrer und Schlüsselerlebnis zugleich, denn vor einer solchen Szene hatte ich mich in der Vergangenheit gefürchtet. Doch ich stand nicht allein da, sondern auf meinem Rücken prangte ein Rucksack voll mit Wissen über den Menschen und seine Anatomie, seine Bedürfnisse, sein Wesen. In all dem empfand ich auf einmal, dass mir das Wohlbefinden meiner Bewohnerin viel wichtiger war als meine ängstlichen Gedanken, meinen Ekel. So blieb ich innerlich ganz ruhig, war anwesend, aufmerksam und half der älteren Frau, so gut ich konnte. In dem Moment bemerkte ich, dass in mir ein Wandel vorging, und dass ich gerade lernte, wie ich mit einem mir bisher gefürchteten Moment professionell umgehen konnte. Danach spürte ich in mir eine grosse Freude und Erleichterung, denn ich wusste genau: Wenn ich das geschafft habe, dann gibt es auch für meine anderen Ungewissheiten und Ängste einen Weg.

Mittlerweile bin ich diplomierte Pflegefachfrau und konnte auf dem Weg dahin viele meiner anfänglichen Ungewissheiten durch Wissen, Praxis und Freude erlernen. Ich denke, am wichtigsten dabei ist es, sich unvoreingenommen, mit Mut und Offenheit auf neue Situationen einlassen zu können. Wir alle besitzen die Fähigkeit, über uns hinauszuwachsen und das finde ich eine wunderbare und sehr ermutigende Tatsache, die ich jedem Menschen auf seinem Lebensweg mitgeben möchte.

Bemerkungen

Esther Peyer

Esther Peyer ist diplomierte Pflegefachfrau im Gesundheitszentrum für das Alter Bombach der Stadt Zürich und berichtet über Themen und Situationskomik aus der Langzeitpflege. Mit ihren Blogs möchte sie Menschen im Pflegeberuf, oder jene, welche sich für die Pflege interessieren, zum Nachdenken, Mitfühlen und Schmunzeln anregen, ohne dabei Schwierigkeiten zu tabuisieren.

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