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Mit Leib und Seele für andere da

Gabriele Palermo befindet sich im dritten Jahr seiner Lehre zum Fachmann Gesundheit (FaGe). Dabei hat sich der Zwanzigjährige ganz bewusst für den Schwerpunkt Psychiatrie entschieden. Nachdem er bereits in der Gerontologie sowie der Akutpsychiatrie erste Erfahrungen sammeln konnte, arbeitet er aktuell auf einer Dualstation mit dem Schwerpunkt Sucht. Wie er seinen Arbeitsalltag erlebt, welche individuellen Erfahrungen er dabei macht und welche Herausforderungen sich ihm immer wieder stellen, berichtet er im folgenden Interview.

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Gabriele, seit zwei Jahren arbeitest Du nun schon als Fachmann Psychiatrie. Warum hast Du Dich genau für diese Pflege-Richtung entschieden?

Gabriele Palermo: Das Thema Psychologie hat mich schon immer fasziniert. Ganz besonders interessieren mich die unterschiedlichen Krankheitsbilder. Demensprechend finde ich den Beruf FaGe Psychiatrie sehr spannend.

Wo liegt der Unterschied zwischen der Pflege in der Psychiatrie und dem normalen Pflegeberuf im Spital oder Altersheim?

Gabriele Palermo: Bei der Pflege im Spital oder Altersheim steht die Somatik im Fokus. Das bedeutet, dass sich die Arbeit um das körperliche Wohl der Patienten dreht. Mein Schwerpunkt hingegen liegt im psychologischen Bereich der Pflege. Unsere Patienten sind zwar körperlich meist gesund, sie könnten aber ohne psychologische Betreuung und medizinische Hilfe kein normales Leben führen.

Worauf muss man beim Arbeiten mit psychisch kranken Menschen besonders achten? 

Gabriele Palermo: Patienten in der Psychiatrie haben sich oft eine eigene Welt geschaffen. Bei meiner Arbeit achte ich darauf, dass ich ihnen ein Gefühl der Sicherheit gebe. Ich versuche ihnen dabei zu helfen, den Bezug zur realen Welt wiederzuerlangen.

Was motiviert Dich, mit psychisch kranken Menschen zu arbeiten?

Gabriele Palermo: Bei der Arbeit begegne ich individuellen Persönlichkeiten mit den unterschiedlichsten psychischen Krankheitsbildern. Unsere Patienten erschaffen quasi eine ganz eigene Welt. Diese kann einerseits sehr beeindruckend, andererseits aber auch gefährlich sein. Ich weiss morgens nicht immer, was im Laufe des Tages auf mich zukommt. In meinem Job ist jeder Tag neu, jeder Mensch anders und jede Begegnung individuell. Das ist abwechslungsreich, was mich sehr motiviert.

„Jeder Tag ist neu, jeder Mensch ist anders und jede Begegnung individuell.“

Gabriele Palermo
Kannst Du von einem Erlebnis aus Deinem Arbeitsarbeitsalltag erzählen, das Dich motiviert hat?

Gabriele Palermo: Ich hatte in der Vergangenheit die Möglichkeit mit einem Patienten zu arbeiten, der eine wunderbare Genesung erlebte. Er wurde in einem sehr schlechten Zustand eingeliefert. Die Therapien halfen ihm, wieder den Weg ins normale Leben zu finden. Das war für mich ein Moment der mir gezeigt hat, weshalb ich in der Psychiatrie arbeite. Es war schön zu sehen, wie sehr die richtige Therapie und eine gute Pflege einem Patienten helfen können.

Die Arbeit in der Psychiatrie ist aber auch schwierig. Was belastet Dich am meisten in Deinem Beruf? Und wie gehst Du mit dieser Belastung um?

Gabriele Palermo: In meinem Beruf treten immer wieder Situationen auf, in denen Gewalt eine grosse Rolle spielt. Dies kann gefährlich für mich selbst oder das ganze Team werden. Wir lernen aber, wie man mit solchen Situationen umgeht. Zudem unterstützen mich meine Berufsbildnerin und der Stationsleiter in solchen Fällen.

Welche weiteren Herausforderungen stellen sich Dir als FaGe Psychiatrie?

Gabriele Palermo: Bei meiner Arbeit werde ich häufig mit äusserst traurigen Schicksalen konfrontiert. Diese beschäftigen mich manchmal schon sehr. Zudem gibt es immer wieder Patienten, die nicht freiwillig zu uns kommen. Diese sind meist nicht sehr kooperativ, was das Arbeiten erschwert. Das kann schnell zu einer richtigen Herausforderung werden.

Wie zeigt sich eine solche Herausforderung konkret in Deinem Arbeitsalltag?

Gabriele Palermo: Einmal wollte ein Patient nicht mit mir arbeiten, weil ich aus Italien komme. Ich habe versucht ihm zu erklären, dass ich gerne mit ihm arbeiten würde, auch wenn dies nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Der Patient war erstaunt, dass sich jemand für ihn interessierte und mit ihm arbeiten wollte, obwohl er immer sehr unfreundlich war. Am Austrittstag sagte mir der Patient, dass ich sein Lieblingsbetreuer gewesen bin. Das war am Anfang eine schwierige Situation für mich. Es war aber schön zu erleben, wie sich die Spannungen und Vorurteile langsam auflösten und ich das Vertrauen des Patienten gewinnen konnte. 

Wer unterstützt Dich in solchen schwierigen Situationen?

Gabriele Palermo: Meine Berufsbildnerin ist immer für mich da. Sie bietet mir Unterstützung, wenn ich sie brauche. Von ihr konnte ich bereits viel lernen. Zudem kann ich immer auf die Hilfe meines Teams zählen.

Warum ist ein gutes Team so wichtig bei der Arbeit in der Psychiatrie?

Gabriele Palermo: Die Psychiatrie ist ein sehr sensibler Bereich. Da ist es wichtig, dass wir uns aufeinander verlassen können. Zudem trägt ein gutes Team erheblich zu reibungslosen Arbeitsabläufen zwischen Pflegefachleuten und Patienten bei. In der Psychiatrie ist das besonders wichtig.

Welche Charaktereigenschaften und Fähigkeiten sollte man als FaGe Psychiatrie mitbringen?

Gabriele Palermo: Meiner Meinung nach braucht es für die Arbeit in der Psychiatrie in erster Linie viel Geduld. Ausserdem sollte man offen sein, Neues kennenzulernen. In Krisen- und Akutsituationen muss man zudem schnell umdenken und handeln können. Generell ist es wichtig, dass die psychiatrischen Pflegekräfte gut mit unvorhersehbaren Situationen umgehen kann.

Würdest Du Dich wieder für diesen Beruf entscheiden?

Gabriele Palermo: Ja. Mein Job hat natürlich schwierige Seiten. Aber die Herausforderungen, die mein Arbeitsalltag an mich stellt, motivieren mich. Zudem ist es für mich schön, mit meiner Betreuung und Pflege dazu beizutragen, dass meine Patienten wieder zurück in ein normales Leben finden.

Vielen Dank für das Interview.