Nicole K. merkt, dass ein nächster Schritt fällig wäre und hat gleichzeitig zum ersten Mal in ihrem Leben keine Ahnung, wohin. Sie wendet sich an unsere Beratungsstelle, um mit einer unabhängigen Fachperson Antworten auf ihre offenen Fragen zu finden. Sie erzählt, wie verschiedene Faktoren dazu beigetragen haben, dass für sie eine Veränderung ansteht. Zum einen hat in ihren Arbeitsalltag Routine Einzug gehalten. Sie kennt die Abläufe auf der Notfallstation und fühlt sich oft unterfordert.
Veränderte private Situation
Ausserdem hat sich ihre private Situation verändert. Geplant war ursprünglich, bald eine Familie zu gründen, doch nun ist kürzlich die Beziehung auseinandergebrochen, sodass das Thema Familienplanung für den Moment in die Ferne gerückt ist. Ein ganz aktueller Anlass, ihre Situation zu überdenken, ist ein Vorfall, der sie richtig überrumpelt hat: Ein entfernter Bekannter wurde auf dem Notfall aufgenommen, als sie Dienst hatte, was für sie wie «die professionelle Distanz durchschnitten» hat. Seither fühlt sie sich verletzlicher und unsicher, wobei
die Unsicherheit nicht nur den beruflichen Bereich, sondern ihr gesamtes Lebensgefühl erfasst hat. Wir schauen also genauer hin: Was bedeutet das alles für sie? Und welche Ressourcen braucht es oder fehlen möglicherweise, um einen nächsten Schritt zu tun? Gemeinsam wollen wir so herausfinden, wo eine Veränderung sinnvollerweise ansetzen soll.
Wann sicher, wann unsicher?
Nicole K. nimmt Aufgaben mit, um bedeutsame Themen weiter zu vertiefen. So soll sie unter anderem der Frage nachgehen, wann sie sich sicher fühlt und wann unsicher. Wann blüht sie auf und wann erlebt sie sich als unter- oder überfordert? Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Und welche Gedanken, Gefühle und Empfindungen sind damit verbunden? Welche ihrer Ressourcen kommen zum Zug oder geraten aus dem Blick? Welches sind für sie attraktive Szenarien auf dem Hintergrund der vorangegangenen Erkenntnisse?
Sich darauf einlassen
Zur zweiten Sitzung kommt Nicole K. mit einem Strahlen und meint, ich hätte sie mit den Hausaufgaben auf eine spannende Reise geschickt. Am Anfang sei es ihr schwer gefallen, sich selber derart ins Zentrum zu stellen. Erst hätten die Aufgaben zu sehr den Charakter von «Gspürschmi» gehabt, was eigentlich so gar nicht ihre Sache sei, sondern eher Widerstand auslöse ...
Doch gleichzeitig sei sie vom ersten Gespräch inspiriert nach Hause gegangen und hätte sie auch den Fragen sehr wohl zugetraut, interessant und weiterführend zu sein. Deshalb habe sie sich nach einigem Zögern darauf eingelassen – mit gutem Erfolg!
Horizonterweiterung
Es sei für sie klar geworden, dass sie eine Auszeit brauche, einen aktiven Schnitt, um die zurückliegenden schwierigen Ereignisse zu verarbeiten. Ideen, was sie in der Auszeit machen könnte, sprudeln nur so – für sie ein sicheres Zeichen, dass die Richtung stimmt.
Nun gilt es für sie nur noch, die weiteren Schritte zu planen und einzelne Ideen auszuarbeiten. Sie möchte sich auf ein Thema fokussieren und nicht verzetteln. Also verwenden wir die restliche Gesprächszeit dazu, die einzelnen Szenarien weiter auszumalen um ein Gespür (!) dafür zu bekommen, welches für sie am attraktivsten ist.
Die Auszeit steht für Nicole K. unter dem Motto «Horizonterweiterung» und ist sozusagen die Alternative zu ihrem bisherigen Motto «Traumberuf». Sie möchte vielfältige Erfahrungen sammeln, in verschiedene Bereiche hineinschauen und für den Moment die Zielgerichtetheit zugunsten der Neugierde zurückstellen.
Was erfüllt mich mit Freude?
Was ist aus dem Thema «Unsicherheit» geworden, das sie anfangs so beschäftigt hat? Nicole K. meint, mit der Fokussierung auf ihre Ressourcen, ihr Aufblühen, hätte sich ihre Perspektive verschoben: weg von der Frage «Wo passe ich hinein?», hin zur Frage «Was erfüllt mich mit Freude?». Damit hätte sich ihre Unsicherheit reduziert auf ein Mass, dem sie sich gewachsen fühlt und als normal empfindet, wenn man / frau neue Wege zu gehen wagt.
Bemerkungen