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Mit mehr Selbstvertrauen

  • Susanna Langenbach

Christine B., Anfang vierzig, alleinerziehend, arbeitet mit einem Teilzeitpensum als Pflegefachfrau auf der Wochenbettabteilung. Sie ist mit ihrer beruflichen Situation nicht mehr zufrieden.

Die Mutter von zwei Kindern im Primarschulalter meldet sich zur Beratung an, weil sie mit einer Fachperson klären möchte, welche Möglichkeiten ihr aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung offen stehen. Sie hat schon verschiedene Ideen entwickelt, wie zum Beispiel den Umsteigerkurs in Richtung Medizinische Praxisassistentin, und diese dann beim näheren Prüfen doch wieder verworfen. Bis jetzt hat sie noch nichts richtig überzeugt.

In einer Sackgasse
Christine B. hat sich schon länger mit einer beruflichen Veränderung beschäftigt und dabei mehr und mehr den Eindruck gewonnen, in einer Sackgasse gefangen zu sein. Das, was sie interessiert, verlangt ein höheres Stellenpensum, eine teurere Weiterbildung oder erscheint sonstwie unmöglich. Und das, was für sie machbar wäre, ist zu wenig herausfordernd und damit unbefriedigend. Die Frustration über diese Situation ist gut spürbar und zeigt sich unter anderem darin, dass Christine B. ihr Anliegen mit einem gewissen Nachdruck vorbringt. Sie möchte von einer Fachfrau eine schnell realisierbare, herausfordernde berufliche Perspektive vorgeschlagen bekommen. Wir von der Fachstelle besitzen und verknüpfen zwar viele Informationen, doch damit können wir leider noch lange nicht alle Erwartungen in Kürze erfüllen. Die einzelnen Ausgangssituationen und Anforderungen sind zu unterschiedlich oder passen nicht zusammen. Das verlangt manchmal Geduld.

Prozess erarbeiten
Ich lade deshalb Christine B. zu einem Prozess ein, in dem wir gemeinsam Lösungen erarbeiten, die vielleicht vorerst nicht optimal sind, jedoch in die richtige Richtung weisen. Lösungsansätze, die Bewegung und konkrete Schritte ermöglichen, statt das Sackgassengefühl zu verfestigen. Christine B. ist zwar schon vierzig – aber auch erst vierzig, d.h. es liegen noch über 20 Berufsjahre vor ihr, um berufliche Ziele zu verwirklichen. Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass mit grosser Wahrscheinlichkeit ihr zeitlicher Spielraum zunehmen wird, da die Kinder selbständiger werden. Der zeitliche Spielraum ist insbesondere für alleinerziehende Mütter eine wesentliche Einschränkung für spannende Aufgaben. Ein Teil dieses Prozesses ist es, anzuerkennen, was bereits überlegt, geklärt und definitiv verworfen wurde. Ein anderer Teil ist es, sich dem zuzuwenden, was wünschbar, aber (noch) nicht realisierbar erscheint. So nimmt Christine B. einige Fragestellungen mit nach Hause. Unter anderem soll sie überlegen, welche Vorbilder sie als Kind hatte (reale oder fiktive Personen) und über welche Kräfte/Kompetenzen diese Personen verfügen, sodass sie zum Vorbild erkoren wurden. Ausserdem lohnt sich der Blick auf ein Gefühl, das meist gar nicht willkommen und eher schambehaftet ist: Neid. Welche Personen lösen Neid aus? Und vor allem: worauf? Was haben diese Personen, was sie gern hätte? Wie würde sich ihr Leben (anders) gestalten, wenn sie diese Eigenschaften entwickeln/besitzen würde? Christine B. hat sich viele Gedanken gemacht und dabei gemerkt, dass sehr verschiedene Faktoren, nicht nur berufliche, zu ihrer momentanen Unzufriedenheit und Ungeduld beitragen. Ins Zentrum gerückt ist ihr mangelndes Selbstvertrauen. Das betrachtet sie bei andern mit Neid! Und das hindert sie daran, (kleine) Schritte zu tun, wenn sie nicht 100 Prozent von einer Sache überzeugt ist. Anders als ihre Grossmutter, die ihr ein wichtiges Vorbild ist. Sie hat deren Tatkraft – selbst in unsicheren oder schwierigen Situationen – immer bewundert.

Schritt für Schritt
So könnte sie sich doch bei der Arbeit mehr zu Wort melden, wenn es darum geht, Abläufe kritisch zu hinterfragen. Sie würde ausserdem dafür einstehen, dass sie einmal pro Woche denselben Abend frei hat, um einen Sprachkurs zu belegen – und falls das nicht bewilligt würde, einen Stellenwechsel in Betracht ziehen. Und sie würde im privaten Bereich öfter Nein sagen... Gemeinsam prüfen wir in Form von kleinen Szenarien, wie die praktische Umsetzung aussehen würde, welche Ängste, welche Erfolge, welche weiteren Schritte damit verbunden sein könnten. Und plötzlich beginnt Christine B. zu strahlen: Sie erlebt sich seit langem wieder als lebendig, neugierig und tatenlustig! Die kleinen Projekte, die sie vorhat und sich zutraut, sind ein vielversprechender Anfang.

Bemerkungen

Susanna Langenbach

Susanna Langenbach ist Laufbahnberaterin für Gesundheitsberufe im biz Oerlikon. Regelmässige Informationsveranstaltungen vor Ort und individuelle Beratung unterstützen Interessierte beim Entscheiden und Umsetzen. Die Berufs- und Laufbahnberaterinnen kennen die Berufe im Gesundheitswesen, die Karrieremöglichkeiten und den Arbeitsalltag in Spitälern, Heimen oder der Pflege zu Hause. 

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