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Erinnerungen aus der Kindheit

  • Parisa Abdulghani

Schwerkranke fühlen sich oft sehr erschöpft und lustlos. Viele von Ihnen leiden unter starken Schmerzen und schätzen die Spitex zwar, haben aber trotzdem meistens keine Energie für uns und möchten einfach nur ihre Ruhe. Angehörige von Schwerkranken sind jedoch sehr froh um die Spitex, weil sie auch vielfach überfordert sind mit dieser Situation und nicht mehr zur betroffenen Person durchdringen können.

Ich war vor zwei Wochen bei einem Ende 60-jährigen Klienten, welcher in palliativer Behandlung ist. Schwerstkranke Menschen und Sterbende, bei welchen keine Aussicht auf Heilung besteht, werden als palliativ bezeichnet. Palliativ stammt aus dem Lateinischen und steht für den ursprünglich mantelartigen Überwurf. Dieses Zudecken mit einem wärmenden, schützenden Mantel steht als Sinnbild für eine schmerzlindernde, fürsorgliche Behandlung und Begleitung, welche palliative Menschen in der sogenannten palliativen Therapie erhalten.

Dieser Klient ist selbst pensionierter Kardiologe und hat Krebs im Endstadium. Er hat mehrere erwachsene Kinder und einige Enkelkinder und wird von diesen und seiner Ehefrau liebevoll versorgt und begleitet in diesem schweren Lebensabschnitt. An diesem Tag war ich bei ihm für die Körperpflege, Zahnpflege, Hautbehandlung und Mobilisation im Einsatz. Da er den ganzen Tag im Bett, Rollstuhl oder Sessel ist, ist die Hautbehandlung mit verschiedenen Salben äusserst wichtig, damit keine Druckstellen entstehen und die Haut auch ein wenig Feuchtigkeit bekommt. Aufgrund der Vermeidung der Druckstellen ist auch die Mobilisation von wichtiger Bedeutung. Er wird immer wieder unterschiedlich gelagert, damit sein ganzes Gewicht nicht ständig auf einer Körperstelle Druck ausübt.

Der Klient hatte an diesem Tag Besuch von seinen Kindern und Enkelkindern und war bei meinem Antreffen im Sessel eingeschlafen. Ich weckte ihn sanft, der Klient wollte aber keinen Einsatz, er habe keine Energie und wolle schlafen. Da ich von einer Arbeitskollegin erfahren hatte, dass er den Iran sehr gut kennt und meine Eltern viele Jahre dort gelebt haben, habe ich ihn darauf angesprochen und plötzlich war er hellwach und enorm motiviert. Er erzählte mir sehr viel aus seiner Kindheit im Iran und stellte mir unzählige Fragen.

Er habe eine sehr schöne Zeit im Iran verbracht und ist froh, dass sein Vater damals der Arbeit wegen für einige Jahre mit seiner Familie dort hingezogen ist. Nach einem 20-minütigen Gespräch war der Klient motiviert für den Einsatz und ich konnte diesen komplett durchführen, genau wie geplant.

Ich fand es so schön zu sehen, wie glücklich ihn seine Kindheitserinnerungen bis heute noch machen können. In der Pflege ist es enorm wichtig, die Menschen mit einem Thema abzuholen, welches sie interessiert oder berührt und so gemeinsam auf mehreren Ebenen viel mehr zu erreichen, als es zu Beginn möglich scheint.

Bemerkungen

Parisa Abdulghani

Parisa Abdulghani schloss im Sommer 2019 ihre Ausbildung zur Fachfrau Gesundheit EFZ ab. Was sie bei ihrer spannenden Arbeit bei Spitex Zürich Sihl alles erlebt, welche persönlichen Erfahrungen sie macht und was sie beschäftigt, erzählt sie im PulsBlog. 

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