Wenn ein Kind bei uns Betreuung braucht, dann kämpfen wir mit, um sein Leben zu erhalten. Wir sind pro Lebensqualität, möchten Folgeschäden vermeiden und versuchen, dem Kind trotz Intensivstation einen Alltag bieten zu können.
Mir gefällt die Metapher, dass eine Familie wie ein Mobile ist. Liegt ein Kind bei uns auf der Intensivstation, dann bläst da ein gehöriger Wind und das Mobile gerät in Aufruhr. Der ganze Familienalltag wird von jetzt auf gleich durchgewirbelt und manchmal ist und wird nichts mehr wie es war.
«Mir gefällt die Metapher, dass eine Familie wie ein Mobile ist. Liegt ein Kind bei uns auf der Intensivstation, dann bläst da ein gehöriger Wind und das Mobile gerät in Aufruhr.» |
Unvorhergesehen landen die Familien dann bei uns. Betreten Flure und Patientenzimmer, in denen wir Pflegefachpersonen uns pudelwohl fühlen. Wir sind hier irgendwie zuhause. Wir wissen, warum wir die Geräte brauchen, wie alles funktioniert und warum es so riecht. Die skeptischen, aber oft auch neugierigen Blicke der Angehörigen veranlassen mich jeweils, ihnen zu erklären, was sie da alles entdecken können. Dies schafft Vertrauen und vermittelt Sicherheit. Hier ist mein Kind gut aufgehoben. Hier erhält es die Unterstützung, die es heute braucht.
Wir versuchen auch, die Familien auf den Anblick ihres Kindes mit den vielen nötigen Schläuchen und Kabeln vorzubereiten. Trotzdem berührt es mich jedes Mal, wenn dann die Familien ans Bett treten, die Luft anhalten, Hände Halt suchen und Tränen über Wangen rinnen.
«Wir versuchen auch, die Familien auf den Anblick ihres Kindes mit den vielen nötigen Schläuchen und Kabeln vorzubereiten.»
Kinder gehören nicht ins Spital. Sie sollen vergnügt durch unsere Welt hüpfen, sie entdecken und verstehen lernen. Ein Aufenthalt bei uns lehrt einen, dass das Leben kostbar und Gesundheit nicht selbstverständlich ist.
Kritisch kranke Kinder pflegen benötigt Zeit, Geduld und genügend qualifizierte Hände. Ich bewundere meine Teamkolleg:innen stets, dass sie nebst all den To-Dos selbstverständlich Zeit finden, Eltern zu informieren, zu motivieren, instruieren, trösten, aufmuntern und zu beruhigen. Da gibt’s im ganzen Alltagsstress Zeit für Humor. Da werden Girlanden gebastelt und ins Tagebuch geschrieben. Manchmal ist es ein geteiltes Lachen, das offene Ohr, ein kurzer Spaziergang oder ein Kaffee nach einer langen Nacht, der den Unterschied ausmacht.
Familienzentrierte Pflege wird auch an unseren Schulen unterrichtet. Längst ist bekannt, wie wichtig die ganze Familie für den individuellen Genesungsprozess der Patient:innen ist. Oft wird dieses Modul als «Gschpürsch mi – fühlsch mi»-Quatsch abgetan. Unser Alltag und die Dankeskarten beweisen das absolute Gegenteil.
«Längst ist bekannt, wie wichtig die ganze Familie für den individuellen Genesungsprozess der Patient:innen ist.» |
Hinsehen und für alle da sein, sie gemeinsam wachsen und gesund werden lassen. Dies ist ein Teil meiner Arbeit, den ich sehr geniesse und mich erfüllt. Es macht Spass, in einem Team zu arbeiten, das auch so denkt und wir gemeinsam mit den kleinsten Gesten und manchmal auch geflüsterten Worten so viel bewirken können.
Und so gestalten wir weiter die hübschesten Namensschilder, halten schon auf dem Nachhauseweg nochmals an für einen kurzen Schwatz mit den Familien und freuen uns immer über den Besuch von genesenen Patient:innen. Mögen wir wie Regenbögen sein für die Familien. Denn wir wissen trotz Hektik, dass das den Unterschied ausmacht.
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