Es war vor einigen Tagen, ich besuchte am Abend eine neue Klientin. Für uns sind solche Besuche nichts Neues aber für die über 90-Jährige Dame war es ganz ungewohnt, fremde Menschen in ihre Wohnung zu lassen und sich auch noch von diesen pflegen zu lassen. Ich erhielt die Information, dass sie etwas Motivationsschwierigkeiten hat und daher nur mit Mühe isst und Medikamente einnimmt.
Die Klientin leidet an einer Depression. Dies ist eine psychische Störung, welche Symptome wie gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit, verminderte Leistungsfähigkeit und vermindertes Selbstwertgefühl mit sich zieht. Deshalb ist es sehr wichtig, dass sie ihre Medikamente regelmässig einnimmt. Eines davon ist das Medikament Escitalopram, welches die Serotonin-Konzentration im zentralen Nervensystem erhöht. Serotonin hat viele wichtige Funktionen im menschlichen Körper, wie zum Beispiel die Stimmung des Menschen zu beeinflussen und als sogenanntes Glückshormon zu fungieren. Hat man also mehr Serotonin im zentralen Nervensystem, ist man zufriedener.
Damit die depressive Klientin also aus ihrer gedrückten Stimmung rauskommt, ist die Einnahme von Escitalopram für sie von wichtiger Bedeutung. An diesem Abend funktionierte auch alles wunderbar. Sie ass reichlich und nahm ohne Zögern die Medikamente ein. Dabei war sie gesprächig und lachte.
Am Abend darauf war ich wieder bei ihr eingeplant. Die Klientin hatte gerade gegessen und ihre Medikamente wieder problemlos eingenommen. An diesem Abend bemerkte ich aber eine gedrückte Stimmung bei ihr und auch ihre Augen waren glasig. Im Gespräch erfuhr ich, dass sie nicht mehr leben möchte. Sie machte Bemerkungen wie: «Ich möchte dauerhaft Einschlafen. » Solche Aussage kriegt man in der Pflege oft zu hören, jedoch machte die Klientin später weitere Anmerkungen. Diesmal waren es konkrete Suizidideen. Sie denke beispielsweise darüber nach alle Tabletten zu schlucken oder «sich in den Tod zu saufen».
Es ist sehr wichtig solche Aussagen ernst zu nehmen und die Klientin wissen zu lassen, dass die Menschen in ihrer Umgebung für sie da sind. Ich habe sie daraufhin gefragt, was sie am meisten an ihrem Leben stört und da kam ganz klar als Antwort: die Schmerzen. Ich habe ihr ein Analgetikum (Schmerzmittel) verabreicht und lange mit ihr über ihre Suizidgedanken gesprochen.
Natürlich habe ich den Einsatz mit einer ausführlichen Dokumentation beendet. Die Klientin fühlte sich am Ende des Einsatzes deutlich besser und bedankte sich herzlich bei mir. Ich bin froh, dass ich gelernt habe, Suizidgedanken immer ernst zu nehmen. Egal wie simpel einem manche Aussagen manchmal vorkommen, geht man nicht darauf ein, kann es böse enden.
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