Es ist bereits mein zehnter Monat im Gesundheitszentrum für das Alter Bombach. Ich arbeite im Wohnbereich für Menschen mit Demenz und habe dadurch tagtäglich und fast ausschliesslich mit Menschen zu tun, die von Demenz betroffen sind. Anfangs hatte ich Mühe zu verstehen, wie mit den Menschen umzugehen ist – wie eine angenehme Kommunikation sowohl für mich als Betreuerin als auch für die Bewohnenden zustande kommt. In der Berufsschule lernte ich eine Methode kennen, die sich Validation nennt. Dabei geht es im ersten Sinne darum, Empathie zu zeigen, die Wahrnehmung der Bewohnenden zu akzeptieren und Gefühle zu analysieren. Es ist eine Kommunikationsmethode, die man in der Demenzpflege anwendet, um den menschlichen Umgang mit Personen, die an einer Demenz leiden, beizubehalten. Diese Kommunikation kann sowohl verbal als auch nonverbal durchgeführt werden. Die Validation unterstützt betroffene Personen darin, ihr Selbstvertrauen zu finden und innere Konflikte zu bewältigen. Zudem hilft sie uns Pflegekräften neue Perspektiven einzunehmen, um eine positive Grundhaltung zu schaffen. Der erste Schritt besteht darin, die Gefühle der Bewohner:innen zu analysieren, auszuformulieren, um sie dann als allgemein akzeptiert zu bestätigen. Wichtig ist, dass man der Person mit Demenz zeigt, dass ihr Innenleben «in Ordnung» ist. Dass das, was sie sagt, tut und fühlt völlig normal ist. Die Kommunikation ist von einer nicht korrigierenden Haltung geprägt und versucht darin, die Bedürfnisse des betroffenen Menschen zu verstehen und zu spiegeln. Die Methode wurde von der Deutschamerikanischen Sozialarbeiterin Naomi Feil entwickelt. Sie geht davon aus, dass alte, desorientierte Menschen danach streben, unerledigte Aufgaben ihres Lebens aufzuarbeiten.
Im Demenz-Wohnbereich ist dies zu meinem Alltag geworden. Ich merke beispielsweise, wie einige Bewohnende unruhig werden, weil sie unter anderem ihre Angehörigen vermissen und diese unbedingt sprechen und sehen wollen. Gewisse Bewohnende haben den starken Drang, nach Hause zu gehen oder wollen unbedingt nach draussen. Da dies bei uns so ohne Weiteres nicht möglich ist, finde ich oft Bewohnende vor, die vergeblich versuchen, mit dem Lift ins Erdgeschoss zu gelangen. In solchen Situationen bekomme ich auf meine Frage, wo sie denn hinwollen, meist eine Erklärung, dass sie zur Arbeit, auf den Zug oder zur Post müssen. Dabei entsteht in mir manchmal ein moralischer Konflikt. Natürlich kann ich sie nicht alleine nach draussen lassen, aber gleichzeitig soll man die Bewohnenden nicht anlügen. Ich versuche dann die Gefühle der Person zu analysieren, indem ich die W-Fragen benutze. Jedoch sollte man keine Frage mit Wieso oder Warum stellen. Man kann versuchen, die Person dazu zu bringen, die vermeintlichen Aufgaben auf später zu verschieben und sich etwas anderem zu widmen, zum Beispiel dem Mittagessen. Dabei beachte ich, nicht zu viele unnötige Informationen zu übermitteln, (pro Satz eine Mitteilung) von vorne mit Augenkontakt zu kommunizieren und sowohl mir als auch dem/der Bewohner:in Zeit zu lassen. Indem ich mich ruhig und gelassen verhalte, schaffe ich eine sichere Umgebung. Das Ziel ist nicht voranzukommen und so schnell wie möglich die Situation hinter sich zu lassen oder an der Realität festzuhalten, sondern Empathie zu zeigen und die persönliche Identität der Bewohnenden in ihrer Selbstsicherheit zu unterstützen.
Bis ich diese Grundsätze verstanden hatte und eine darauf basierende Grundhaltung an den Tag legen konnte, musste ich mich stark an die Bewohnenden mit Demenzerkrankung gewöhnen, indem ich sie genau beobachtete und analysierte. Ich hatte jedoch nach kurzer Zeit begriffen, wie ich persönlich mit der Verwirrung und Desorientierung umgehen muss. Es ist schlicht und einfach learning by doing.
Heute bin ich froh, dass ich die Methode der Validation anwenden kann und dabei trotzdem täglich etwas Neues dazu lerne und schwierige Situationen handhaben kann. Ich hoffe, dass ich euch mit meinen Ausführungen erreichen konnte, – vielleicht helfen sie euch, Berührungsängste mit Demenz abzubauen.
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