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Action! Unsere interprofessionelle Simulation im Schockraum

  • Katharina Rüdisüli
Copyright: Kinderspital Zürich / Barbora Prekopova

Die meisten Menschen exponieren sich nicht gerne. Sich bei der Arbeit beobachten zu lassen und sich dann erst noch auf Video anschauen zu müssen, davon träumen die wenigsten. Trotzdem sitzen wir gerade im grossen interprofessionellen Kreis zusammen und sind stolz auf die Teamleistung, die wir in diesem Szenario gerade vollbracht haben.

In den letzten Jahren haben sich Simulationen in verschiedenen Gesundheitsinstitutionen etabliert. Das Crew-Ressource-Management, das dabei trainiert wird, kommt aus der Luftfahrt und ist ein wertvolles Instrument für medizinische Teams. Dank der strukturierten Nutzung von Kommunikation, Teamarbeit und Entscheidungsstrategien, kann so die Patientensicherheit und die Behandlungsqualität erhöht werden.

Katharina round
«Das Crew-Ressource-Management, das dabei trainiert wird, kommt aus der Luftfahrt und ist ein wertvolles Instrument für medizinische Teams.» 

Dass wir dieses Angebot auch am Kinderspital haben, finde ich echt cool. Wir können in einem sicheren Lernumfeld kritische Situationen interprofessionell üben und uns danach darüber austauschen und unser Handeln reflektieren. In einem extra dafür hergerichteten Raum, der unsere gewohnte Arbeitsumgebung spiegelt, können wir an einem Modell, dessen Vitalzeichen sich von einer Schaltzentrale steuern lassen, trainieren. Unser Alltag ist oft hektisch und es müssen in kritischen Situationen schnell Entscheidungen getroffen werden. Für den Erfolg einer Reanimation zum Beispiel ist funktionierende Teamarbeit unerlässlich. So bin ich freudig nervös, als ich im Dienstplan sehe, dass ich bei dieser Schockraumsimulation mit dabei sein werde.

In unserem Schockraum behandeln wir akut kranke Kinder nach einem Unfall auf der Strasse oder welche, die sich zu Hause stark verschlechtert haben oder uns überwiesen werden. Sie werden mit dem Helikopter oder der Rettungssanität gebracht. Diese Dienste haben die Erstversorgung übernommen und unsere interprofessionelle Aufgabe ist es, den Zustand des Kindes weiter zu stabilisieren, Diagnostik zu betreiben und bestmöglich zur Genesung beizutragen. Dafür braucht es fast eine Fussballmannschaft. Nicht nur die Pflegefachpersonen, die Pflegeassistenz und das ärztliche Team von der Intensivstation und dem Notfall treffen sich zur Zusammenarbeit. Nein auch die Anästhesie, die Bildgebung und je nach Fall weitere Spezialisten stossen zu der Truppe. Alle sind dafür geschult, im Ernstfall gemeinsam schnell und kompetent ihren Beitrag zu leisten, dass das Kind überleben kann.

«Dafür braucht es fast eine Fussballmannschaft. Nicht nur die Pflegefachpersonen, die Pflegeassistenz und das ärztliche Team von der Intensivstation und dem Notfall treffen sich zur Zusammenarbeit. Nein, auch die Anästhesie, die Bildgebung und je nach Fall weitere Spezialisten stossen zu der Truppe.»

Nach einem Briefing, bei dem wir uns das Simulationsmodell und das zur Verfügung stehende Material genau anschauen und der Erinnerung, dass Lernen und nicht die persönliche Leistung im Vordergrund steht, geht es los.

Wir bekommen von der Rettungssanität ein Kleinkind gebracht, dessen Zustand sich zu Hause drastisch verschlechtert hat. Nach der Übergabe überwachen wir das Kind. Wir gehen schematisch vor, wie wir das gelernt haben. Dann geht alles schnell, der Herzrhythmus des Kindes ist nicht mehr suffizient. Wir müssen reanimieren. Wir müssen künstlich beatmen und intubieren. Immer wieder müssen wir umdenken, uns neu sortieren, unseren Fokus neu setzen, Aufgaben annehmen und miteinander im Austausch bleiben. Dann ist da auch noch ein Elternteil anwesend, der verständlicherweise gerne wissen möchte, was los ist. Es sind knapp genügend Hände für alle Aufgaben. Kaum haben wir die Situation stabilisiert und gemeinsam «gebrainstormt», ob wir an alles gedacht haben, ist das Szenario auch schon vorbei.

Nach einer kurzen Erholungspause besprechen alle involvierten Professionen, was wir gerade gemeinsam erlebt haben. Einzelne Szenen werden auf dem Video nochmals angeschaut. Es geht um die Kommunikation untereinander, wer wen und was wahrgenommen hat. Warum Dinge passiert oder eben nicht passiert sind. Wertschätzend geben wir einander Auskunft, was man sich noch Minuten zuvor mitten in der Action gedacht hat. Wir decken auf, warum gegenseitige Absprache und Rücksprache wichtig sind.

«Wertschätzend geben wir einander Auskunft, was man sich noch Minuten zuvor mitten in der Action gedacht hat. Wir decken auf, warum gegenseitige Absprache und Rücksprache wichtig sind.» 
Katharina round

Es wird uns bewusst, dass wir gemeinsam am stärksten sind. Diese Simulationen helfen, uns gegenseitig zu vertrauen. Unsere eigenen Fähigkeiten anzuerkennen. Das Erleben dieser kritischen Situationen gibt uns Sicherheit, dass wir auch im realen Leben genau so effizient und wirksam zusammenarbeiten können.

Wir sind uns alle einig: Simulationen schaffen für dich, dein Team und alle künftigen Patient:innen einen Mehrwert. Nimm auch du daran teil, wenn dir die Möglichkeit geboten wird!

Bild – Simulationstraining im Schockraum (Screenshot aus Videoaufzeichnung). © Universitäts-Kinderspital Zürich

Katharina Rüdisüli

Als Dipl. Expertin für Intensivpflege arbeitet Katharina Rüdisüli im Universitäts-Kinderspital Zürich. Von ihrem abwechslungsreichen Arbeitsalltag, ihren emotionalen Begegnungen und abenteuerlichen Herausforderungen erzählt sie hier im PulsBlog. 

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